Sittenwidriger Arbeitslohn – wann liegt der vor?

Von sittenwidrigen Arbeitslohn hat schon jeder etwas gehört. Wann dieser aber genau vorliegt, weiß kaum jemand. In Anbetracht der schlechten Wirtschaftslage zahlen viele Arbeitgeber nicht mehr so gut, wie noch vor einigen Jahren. Aber wann kann man einen höheren Lohn verlangen, weil der eigene Lohn gegen die guten Sitten verstößt?

Rechtsanwalt Arbeitsrecht Berlin

sittenwidriger Arbeitslohn

Viele Landesarbeitsgerichte sind bisher davon ausgegangen, dass ein sittenwidriger Arbeitslohn dann vorliegt, wenn der Lohn nur 50 % des vergleichbaren – ortsüblichen (Tarif)- Lohnes entspricht.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG 22.04.2009  – 5 AZR 436708)  geht sogar noch einen Schritt weiter und führt aus, dass sogar schon dann eine Sittenwidrigkeit vorliegt, wenn der Lohn nur 2/3 des branchenüblichen Tariflohnes beträgt.

Das BAG führt aus:

Nach § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das sich jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit oder des Mangels an Urteilsvermögen eines anderen für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Die Regelung gilt auch für das auffällige Missverhältnis zwischen dem Wert der Arbeitsleistung und der Lohnhöhe in einem Arbeitsverhältnis. ….

Das auffällige Missverhältnis bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist nicht der sog. Aneignungswert für den Unternehmer maßgebend. Ausgangspunkt der Wertbestimmung sind in der Regel die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweigs. Sie drücken den objektiven Wert der Arbeitsleistung aus, wenn sie in dem betreffenden Wirtschaftsgebiet üblicherweise gezahlt werden. Entspricht der Tariflohn dagegen nicht der verkehrsüblichen Vergütung, sondern liegt diese unterhalb des Tariflohns, ist von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen.

Der Bundesgerichtshof hat demgegenüber in einem Fall des Lohnwuchers gem. § 302a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB aF die tatrichterliche Würdigung des Landgerichts, ein auffälliges Missverhältnis liege bei einem Lohn iHv. zwei Dritteln des in einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag geregelten Entgelts vor, revisionsrechtlich gebilligt (BGH 22. April 1997 – 1 StR 701/96 – BGHSt 43, 53). Der Senat hält nunmehr ebenfalls eine Grenze von zwei Dritteln für zutreffend, unterhalb derer mangels besonderer Umstände des Falls Lohnwucher anzunehmen ist.

Ergebnis:

Der Arbeitnehmer kann an Stelle des vereinbarten (sittenwidrigen Lohnes) den ortsüblichen Tariflohn nachfordern.

Anwalt Berlin

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